Prélude
Ursprünglich stand hier ein Text, der die schwierigste Zeit meines Lebens beschrieb: Depression, Trennung, Scheidung, Rückzug aus dem Sozialleben – das volle Programm. Ich habe mich aber doch dazu entschlossen, euch nicht mit Details zu langweilen und diesen Artikel auf seine Kernaussagen zu reduzieren. Wird sowieso lang und persönlich genug.
Ein wenig Kontext braucht die ganze Nummer hier dennoch. Fangen wir mit meiner Geschichte und meinem „state of mind“ an, den ich in diesen Blog auf den Grund gehen will.
Wie bei den allen Menschen spielt sich mein Leben in Phasen ab. Eine Folge aus Hoch- und Tiefphasen, manche kurz, manche länger aber in Summe ein ständiges Auf und Ab.
Gerade um die absoluten Hoch- und Tiefpunkte, neige ich dazu, ins Extreme abzurutschen. An meinen Hochpunkten habe ich klare Projekte und Ziele, die ich mit aller Kraft und großer Entschlossenheit verfolge. An meinen Tiefpunkten weiß bis auf meine Familie kaum jemand auf dieser Welt, dass ich existiere. Ich ziehe mich komplett aus der Welt zurück, grabe mir ein Loch bleibe darin bis… na ja bis ich irgendwann doch wieder herauskomme. Was genau mich wieder nach oben treibt, weiß ich ebenso wenig, wie ich weiß, was mich nach unten zieht.
Diese Zyklen meines Lebens habe ich bis jetzt so hingenommen und mich von Ihnen durch die Welt treiben lassen. Es gab sie wahrscheinlich schon in meiner Kindheit aber richtig klar wurden Sie erst als ich angefangen habe zu studieren und den Haushalt meiner Eltern verlassen habe. Damals war ich gerade auf den Weg zu einem absoluten Tiefpunkt. Ich mochte die Fächer, die ich mir ausgesucht habe nicht, ging nicht zur Uni und hatte einen „schlechten Umgang“. Irgendwann floh ich praktisch aus meiner Heimat Bochum in den Süden, brach alle Zelte ab und begann in Stuttgart ein neues Leben.
Hier beendete ich ein neues Studium erfolgreich, machte mich mit einer eigenen Firma selbstständig und lebte eigentlich ganz happy, bis ich am nächsten Tiefpunkt, alles gegen die Wand fuhr und meine Selbständigkeit mit einem Haufen Schulden beendete. Danach suchte ich mir einen blöden Job, fand später einen besseren, machte Karriere, wurde schuldenfrei und gründete eine Familie. Ein Jahr vor der Coronapandemie wurde ich Vater und fand einen neueren Job mit mehr Karriereaussichten.
Was ich nicht wusste, ich war zu diesem Zeitpunkt wieder auf den Weg nach unten. Dummerweise führte meine Talfahrt direkt durch die Coronapandemie, was es zur längsten Tiefphase meines Lebens werden ließ. Angefangen, wieder nach oben zu kriechen, habe ich Anfang 2023. Aber der Schaden war bereits angerichtet: Trennung, Scheidung, 50:50 Wechselmodell, aber immerhin atme ich wieder frische Luft und kann das Licht am Ende des Tunnels sehen.
Ich mache mir keine Sorgen – Aus jeder Tiefphase kam ich immer stärker heraus, als ich zuvor war. Mit etwas Zeit und Motivation stand ich nach einigen Monaten besser da als zuvor. Das wird auch dieses Mal wieder so sein. Doch der Preis, den ich dafür zahle, ist hoch. Ich beginne jedes Mal ein neues Leben – das alte ist zum Großteil weg.
Dies ist ein Preis, den ich nicht mehr zahlen will. Was ich als Student oder Single in meinen 30ern noch ohne große Reue aufgegeben habe, ist ab einer gewissen Lebensphase nicht einfach so abzulegen. Irgendetwas muss ich tun – nicht um den Zyklus zu durchbrechen, der ist unvermeidlich aber diese Extreme muss ich verhindern lernen.
Der Blick nach Innen
Immer wenn ich es geschafft habe aus einem Loch in meinem Leben herauszukommen, hatte ich einen ganz klaren Impuls von außen, ein Problem, das ich direkt angehen konnte. Meinem unglücklichen Leben als Student bin ich entflohen, indem ich mir eine Freundin in Stuttgart gesucht habe und dort mit ihr ein neues Leben, mit neuen Freuden und einem neuen Studium begonnen habe. Ähnlich war es bei allen anderen Krisen – Firma an die Wand gefahren und Schulden -> neue Karriere, geregeltes Einkommen und gelöst.
Diesmal ist es anders. Es gibt hier keine Situation, keinen Ort, dem ich entfliehen will. Was ich hatte, wollte ich behalten. In dieser Krise kann ich nicht umhin, als auf mich selbst zu schauen und das Problem, das in mir steckt, anzugehen. Dafür habe ich in den letzten Monaten nach Mitteln und Wegen gesucht, wie ich mich selbst analysieren kann, mich selbst kontrollieren kann und wie ich Eigenschaften, die ich an mir mag, pflegen und hegen kann und Eigenschaften, die schädlich für mich sind, ausmachen und ihnen entgegentreten kann. Ich habe mich mit Achtsamkeit, Selbstreflexion, Stoizismus, Andrew Huberman, David Goggins uva. beschäftigt und viel gelernt.
Den entscheidenden Anstoß zu dieser Selbstreflexion hat ein Film gegeben, der mich sehr fasziniert hat: „Stutz“. In diesem Film geht es um den Therapeuten von Jonah Hill, seiner Herangehensweise an Psychotherapie und den „Werkzeugen“, die er erfunden hat, um Menschen zu helfen, besser mit sich klarzukommen. Die Struktur dieses Blogs basiert auf seiner Arbeit und dem Prinzip der „Life Force“.
Die Arbeit an der Life Force, ist für mich seit knapp einem halben Jahr der rote Faden an dem ich aus dem Labyrinth, in dem ich mich selbst gefangen habe, wieder herausfinde.
Hierbei handelt es sich um die Arbeit an den drei Grundpfeilern eines jeden Lebens: dem Körper, dem Sozialleben und der eigenen Gedankenwelt. Dabei werden viele unterschiedliche Methoden angewendet. Die wichtigste für mich ist ein sehr rigides und diszipliniertes Führen eines Tagebuchs und die Analyse dessen. Es bildet die Basis für die Struktur in meinem Leben.
Wieso dieser Blog?
Da ich dieses „Logbuch“ schreibe, ist es mir wichtig, dass das, was ich schreibe, nicht verloren geht. Immerhin steckt hier drin viel Arbeit. Das ist aber nicht der wichtigste Grund, wieso ich eine öffentliche Plattform gewählt habe. Ich habe das Gefühl, wenn ich das Ganze hier nicht auf einer offenen Plattform mache, mit anderen teile und in den Diskurs trete, dann wird dieses Gerüst, das mir gerade so viel Stabilität gibt, irgendwann zusammenfallen. Irgendwann kommt wieder ein Tief, meine Schriften landen in einer Kiste oder unter dem Bett, werden von mir vergessen und ich falle wieder in ein Loch. Schreibe ich nur für mich und rede mit niemandem darüber, gibt es nichts und niemanden, der es sehen und diesen Fall aufhalten könnte.
Auf eine Weise ist es meine Idee oder mein Wunsch auf diesem Blog nicht nur eine Dokumentation meiner Reise in die Untiefen meines Geistes abzuliefern, sondern gleichermaßen eine Art Barometer für meinen Geisteszustand aufzubauen. Sollte ich gerade dabei sein mich wieder zu verlieren, sollten Freunde und Menschen, denen es etwas bedeutet, hier ablesen können, wie es um mich steht und mir eine Warnung zukommen lassen.
Dazu fotografiere ich auch noch gerne und habe hier einen Ort, an dem ich meine Bilder ausstellen kann. Und da ich schon immer ein Fan von selbstreferenziellen Projekten war… Hier ist meins: von mir, mit mir und über mich.
Es hat was Befreiendes, seine Gedanken aufzuschreiben und real werden zu lassen. Sie werden greifbarer und bilden ein Fundament, auf dem ich etwas aufbauen kann. Und es ist beängstigend, mit seinen Gedanken und Gefühlen so nach außen zu gehen, sie mit anderen zu teilen und schlimmer noch, mit anderen darüber zu sprechen.
Beides gute Dinge.
Worüber werde ich schreiben?
Ich werde hier auf diesen Blog eine Mischung bieten aus einem offenen Tagebuch über die unerträgliche Leichtigkeit meines Seins und einer Dokumentation über alle Methoden, die ich anwende, um besser mit mir klarzukommen. Alle Artikel werden auf irgendeine Art und Weise mit dem Prinzip der „Life Force“ verknüpft sein und hoffentlich euch Lesern einen Mehrwert bieten oder einen Grund, mit mir in Kontakt zu treten und über das Leben, dem Universum und den ganzen Rest zu quatschen.
Zur Struktur: Die Life Force ist im Groben unterteilt in drei Teile: „Körper“, „Soziales“ und „Ich“. Körper bezieht sich auf Aktivitäten, wie Sport und Ernährung, Soziales, auf soziale Kontakte, wie Freunde, Familie und Arbeit und das „Ich“ bezieht sich auf das eigene Gefühlsleben. Dazu kommen noch ein paar weitere Elemente, die ich in weiteren Artikeln in diesem Blog beschreiben und dazu erzählen werde, wie ich diese wahrnehme und für mich interpretiere. Und es wird sicher noch einige Artikel über die Philosophie der Stoizisten geben, weil Stoiker halt geil sind.
Zum Abschluss noch ein Disclaimer: Ich bin weder gläubig noch spirituell, falls sich also jemand erhofft ich öffne hier irgendwelche Chakren oder geheime Pforten zur Transzendenz – nö. Dafür gibt es hoffentlich viel Wissenswertes über Methoden, mehr über sich selbst zu erfahren, Hammer Erfolgsgeschichten von meinen Fahrradtouren, Marathonläufen und vermutlich auch von selbstgemachten veganen Pfannkuchen.
Ach ja, und wenn ihr jetzt weiterlesen wollt, so empfehle ich euch als Nächstes die Artikel, „Die Macht“, „Die Antagonisten“ und „Das Unvermeidliche“, in dieser Reihenfolge zu lesen. Zusammen mit diesem hier, bilden diese vier Artikel, die Basis für diesen Blog.
Willkommen auf Kesselflitzer.